Sonntag, 15. März 2015

Noch 20 Tage ...


Ähm, tja ....
Warum sollte es bei diesem Kalender anders sein, als bei meinen Adventskalendern.
Wenn sie nicht mit Schokolade gefüllt sind, dann besteht immer die Möglichkeit, dass ich an manchen Tagen gleich mehrere Türchen öffne, weil ich es die Tage zuvor vergessen habe. - Es hängt bei mir ein Adventskalender, der seit Jahren nicht weiter als bis zum 05. geöffnet ist. - Die mit Schokolade überleben allerdings selten den halben Advent.
Ich habe am Donnerstag, Freitag und gestern nicht vergessen hier zu schreiben.
Donnerstags war ich nach Französisch zu platt und dann stand »Frauentausch« in Konkurrenz. Ich find dieses Format zu skurril, um es nicht anzusehen. Ähnlich wie die Geisens. Aber über meinen Fernsehgeschmack lass ich  mich einmal an anderer Stelle aus.
Freitags war ich zu einem Musik-Kabarett-Abend in Großgarnstadt. War super lustig und lang.
Gestern war ich mal bei meiner Freundin, essen, trinken, klönen - muss auch mal sein.

Deshalb öffne ich heute gleich drei Türchen.

An Freitag war ich bei meiner Bank. Jordanische Dinar sind bestellt. Von Reiseschecks wurde mir abgeraten, da diese nur bei wenigen autorisierten Stellen umgetauscht werden können.
Nach einer Beratung, die mit einem Kaffee und umfangreichen Erklärungen, warum ich nach Jordanien und Israel gerade jetzt reise, ob ich keine Angst habe usw. begleitet wurde, gehe ich nun mit der einheimischen Währung und Euros los. Schekel werde  ich an der Grenze tauschen.

Nun zu der Frage habe ich keine Angst?
Nein. Aber es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich mir keine Gedanken mache.

In Israel herrscht soziale Ungerechtigkeit. Frauen, Araber und jüdisch-orientalische Bürger werden in Israel diskriminiert und oft verfolgt, das Gesundheits- und Bildungssystem und soziale Dienste liegen am Boden. Die soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit gegenüber dem Gaza-Streifen führt immer wieder zu Unruhen, auch bei gemäßigten Arabern. Die Autonomieregierung von Palästina sieht Anzeichen für einen neuen Krieg in diesem Jahr. Der Tempelberg wird immer wieder von ultra-orthodoxen Juden betreten, was zu Konflikten mit Muslimen führt. Benjamin Netanjahu rief in seiner Rede vor dem US-Kongress mit blumigen Worten zu einem Militärschlag gegen den Iran auf. Es gibt Pläne für die Verstärkung der Grenzen zu Jordanien.
Die bestehenden Spannungen können sich leicht in den zwei Wochen entladen, die zwischen dem 17. März, an dem Israel eine neue Regierung wählt, und meiner Ankunft in Jordanien liegen. Bereits am Wahltag können die Weichen auf Frieden oder Krieg im Land selbst und der Region Palästina (Israel, Jrodanien, Golan, Gazastreifen) gestellt werden.

Es heißt: »Ein Land hat die Regierung, die es verdient.«

Ich denke nicht, dass Israel eine Regierung verdient, die aus Parteien und deren Vorsitzenden besteht, die rechts, nationalistisch, faschistisch und klerikal geprägt sind.
Sowie etwa die »LIKUD« mit Benjamin Netanjahu an der Spitze. Ich mag ihn nicht, den »Bibi«. Er ist ein Narzisst. Für sein politisches Überleben hebelt er alle demokratischen Werte aus. Nachdem er von Regierungsmitgliedern kritisiert wurde, entließ er die Knesset und rief zu vorgezogenen Neuwahlen auf. Er spielt mit den Ängsten seiner Landsleute: Er diffamiert den Iran als das Böse, wirft der dortigen Regierung vor, die Atombombe bauen zu wollen - übersieht dabei, dass Israel selbst eine Atommacht ist, und sich die Regierung derzeit sehr moderat zeigt. Oder ist es anders zu werten, dass sie sich an diplomatischen Gesprächen beteiligt?
Oder die »Beyahad« mit Eli Yisahais, die als extrem rechts gilt und ein Bündnis mit Anhängern eines verstorbenen Faschisten geschlossen hat. Herr Yishais war einst Innenminister und verfolgte ohne Mitleid Flüchtlinge aus dem Sudan und Eritrea.
Oder Avigdor Liebermans Partei, »Jisra’el Beitenu«. Während einer Wahlrede sagte der Außenminister, dass allen arabischen Bürgern, die gegenüber dem Staat nicht loyal sind, der Kopf mit der Axt abgeschlagen werden muss.
Oder die Siedlerpartei mit Naftali Bennett. Menschen, die keine Skrupel haben, Olivenbäume arabischer Bauern zu fällen und ihnen damit die Existenzgrundlage zu nehmen.

Ich denke, dass Israel ein Anrecht auf soziale Gerechtigkeit und Frieden mit seinen Nachbarn hat. Es darf kein aufgerüstetes und religiöses Land sein. Jungen Menschen, Homosexuellen und Künstlern muss die Möglichkeit gegeben werden, sich in ihrer Heimat verwirklichen zu können. Sie dürfen aufgrund von zu eng gesteckten Rahmen, Diskriminierung und einer kaum zu finanzierenden Existenz nicht gezwungen werden, auszuwandern.

Durch die Parteien der Mitte und der Linken bietet sich den Wählern die Chance, den Marsch der Rechten aufzuhalten, der das Land auf kurz oder lang ins Chaos stürzen wird - innerpolitisch und außerpolitisch.
Hatte vor Monaten die Annahme bestanden, dass die Rechten ihren Weg unbestritten fortführen würden, stehen die linken Parteien in diesen Tagen so gut wie schon lange nicht mehr da. (Gerade kommt mir ein Gedanke: Wo ist die Unterstützung der SPD im Wahlkampf, z.B. für die Partei »Meretz«, wie sie sich soziale Parteien ansonsten im Ausland sicher sein können? ...) Sie können das Zünglein an der Waage bei den Koalitionen sein.
Insbesondere die »Gemeinsame arabische Liste«. Ein Zusammenschluss aus verschiedenen Parteien: die kommunistische, die muslemische, die nationalistische und eine private. Ein Zweckbündnis, gefördert von Avigdor Lieberman. Auf sein Einwirken hin wurde die Minimalklausel höher gestellt, um die kleinen arabischen Parteien aus der Knesset zu verbannen. Sie bildet die drittgrößte Liste.

Ich bin nicht in der Lage, den Israelis zu sagen, wen sie zu wählen haben oder wie sie zwischen Ideologien und Pragmatismus entscheiden sollen. Aber ich hoffe auf die Vernunft der Menschen, dass sie sich für Frieden entscheiden, der nicht unmöglich ist. Der Weg dorthin ist lang, dessen bin ich mir bewusst. Die Weichen werden nächsten Dienstag, dem 17. März, gestellt.

1 Kommentar:

  1. Liebste Jule, ich hab Deinen Kalender vermisst! Du erklärst das echt super hier, ein Wirrwar von Parteien ein wenig entwirrt.
    Ich wünsche mir für die Menschen Frieden! ... und freu mich auf Deine weiteren Tage Deines Kalenders ...auch wenn paar fehlen ;-)
    Liebe Grüße Tina

    AntwortenLöschen