Freitag, 17. April 2015

Ramallah

Heute besuchte ich die Hauptstadt des zukünftigen palästinensischen Staates und Sitz einer der beiden Autonomie-Verwaltungsbehhörden Palästinas. Das andere liegt in Gaza.
16 km trennen Jerusalem und Ramallah, für die üblicherweise viel Zeit eingeplant werden muss, hin wie zurück. Ich hatte auf beiden Seiten Glück.

Der Mini-Bus war bereits gut gefüllt, als ich an die Busstation am Damaskustor ankam, und fuhr sofort ab. Die Busse verlassen die Stadt nicht über die Schnellstraße, die durch ehemaliges Niemandsland führt, sondern nehmen den Weg Richtung Norden, der seit Jahrtausenden benutzt wird. Eine Fahrt kostet 8 Schekel, ca. 2 Euro.

Die Mauer, die Israel und das Westjordanland trennt, konnte ich bereits mehrmals vom Weitem sehen. Als ich direkt an ihr vorbeifuhr, wurde ich wieder um 22 Jahre jünger. Und ich frage mich, wo ist der Appell der internationalen Politik, den die Sperranlage zwischen der DDR und der BRD - zum Schutz gegen was auch immer - einst ausgelöst hat?
Mauern sind nicht richtig. Sie verhindern die körperliche und geistige Freiheit des Menschen.

Die »Einreise« in die palästinensischen Gebiete ging problemlos, ohne Wartezeiten, vonstatten.
Die Bus-Station liegt beinahe im Zentrum von Ramallah. Nur wenige Meter sind es bis zum Al-Manara-Platz auf dem ein Denkmal mit fünf Löwen an die ersten fünf Familien erinnert, die im 16. Jahrhundert aus Shobak in Jordanien vertrieben worden waren und sich hier angesiedelt haben. Auf diesem Platz finden die berühmten Demonstrationen statt und ist daher stark von Sicherheitskräften frequentiert. Heute war es ruhig. Auch nach der Gebetszeit. Auf der einen Seite schade, weil ich gerne einmal eine Demonstration gesehen hätte. Auf der anderen Seite ganz gut, weil ich sicher irgendwie mittendrin gewesen wäre.

Ramallah ist Hauptstadt und will das auch zeigen. Cafés, Geschäfte mit westlichen Marken und - auch wenn wir die Ami’s nicht unbedingt mögen - »KFC«- und McDonalds- Restaurants säumen die Straßen.
Weder in Jordanien noch in Jerusalem habe ich so viele Müllkörbe gesehen. Nur müsste mal jemand den Ramallahern sagen, dass die auch benutzt werden können. Es ist schade, wie verkommen die Stadt ist.
Und es wird unwahrscheinlich investiert. Riesige Gebäudekomplexe schießen in die Höhe. Hotels, Banken und Investmentgruppen siedeln sich an. Ein Fundus für einen Liebhaber von Verschwörungstheorien wie mich. Investiert jemand - insbesondere Amerikaner - sein Geld in etwas, was keine Zukunft hat? Wird in Hinterstübchen bereits über etwas verhandelt, an das ansonsten keiner denkt / glaubt?



Auf dem Areal des Regierungssitzes befindet sich das Mausoleum für Arafat, dem ich einen Besuch abstattete.



Ein netter Soldat, der sich zudem als äußerst führsorglich erweisen sollte, führte mich in den Raum, in dem vor einer Ehrenwache das Grab steht. Einer kurzen Schweigeminute folgten das obligatorische Foto und dann ein Run gegen die Glastür.
Ich kann euch sagen: Die hat vielleicht gewackelt und der Donner ging durch Mark und Bein. Ich selbst tat nur einen minimalen Ausfallschritt nach hinten, richtete meine Sonnenbrille und war dann wieder ganz Frau.
Der Soldat erinnerte mich an den römischen Soldaten in »Life of Brian«, der an der Säule steht und sich das Lachen verkneift. Ich konnte ihn grad so davon abhalten, mich zum Ausgang zu führen. Den Platz im Schatten und das Wasser, das ließ er sich nicht nehmen.

Danach habe ich mich treiben lassen. Zielsicher zu einer kleinen Bäckerei, in der ich einen Teigfladen mit Schafskäse und schwarzem Sesam gekauft habe. Ich habe den gewählt, in dem eine kleine Palästinafahne steckte und war danach echt der Champ. Es gab noch eine Kichererbsensuppe und einen Shay. Danach über den Obst- und Gemüsemarkt.



Die »Ausreise« zurück nach Jerusalem war geringfügig zeitaufwendiger als die »Einreise«.
Die Zeit, während der ich auf einen Bus wartete, wurde durch Taxifahrer verkürzt, die ich abwimmeln musste. Einmal wäre die Fahrt um ein Vielfaches teurer gewesen und einmal hätte sie mir nichts gebracht, da Taxis das Westjordanland nicht verlassen dürfen und ich am Check-Point in einen Bus hätte umsteigen müssen.
Die Fahrt kostet zunächst 1 Schekel, bis zum Check-Point. Wäre ja auch doof, wenn der volle Fahrtpreis gezahlt werden müsste, und man an der Grenze festgehalten werden würde. Die Araber sin scho ehrliche Leut.
Bei meinen Mitfahrern und dem Busfahrer habe ich eine gewisse Unruhe beobachten können. Keiner wusste so recht, wie es ablaufen wird. Muss man den Bus verlassen, sich langwierigen Pass-, Körper- und Gepäckkontrollen und persönlichen Befragungen unterziehen, wird der Bus auseinandergenommen? Der Busfahrer sagte mir, dass es nicht nur jeden Tag anders sein kann, sondern jede Stunde.

Vielleicht lag es am schönen Wetter, dem nahen Shabbat, an den wenigen Fahrgästen, 3 Frauen - davon keine mit Kopftuch - und einem männlichen Touristen, oder zweifelten die beiden Grenzer selbst an dem Sinn ihres Tuns, dass sie nicht so wirklich von Lust gesprüht hatten, ihrer Pflicht nachzukommen.
Erst nach etwa 10 Minuten haben sie sich in den Bus begeben und lediglich die Pässe kontrolliert. Den einen hätte ich als Salafist festgenommen und der andere sah aus, als wenn er frisch aus Irland importiert worden wäre. Auch wenn sie wirklich sehr höflich waren und mich als Deutsche willkommen hießen, die schusssicheren Westen und die in den Händen gehaltenen Gewehre verursachten einfach ein mulmiges Gefühl. Mir sind alle meine Schandtaten durch den Kopf gegangen.
Den restlichen Fahrpreis zahlte ich dann in Jerusalem.
Der Tag war geruhsam ereignisreich. Ich habe nach Palästina hineinschnuppern können, und beende ihn mit einer kleinen Palästina-Fahne in meinem Geldbeutel.

1 Kommentar:

  1. Uff, Julia ich glaub mein Herz hat während des Lesens 3x ausgesetzt... spannend... oh jeh pass auf Dich auf wenn Du durch Glastüren gehst. MC und KFC ? hätt ich nicht gedacht.
    Bin gespannt was Du noch so zu berichten hast.

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