Donnerstag, 4. Juni 2015

Der Geruch des Nahen Ostens - herb wie von der Sonne ausgedörrte Erde; Za'atar




Ich bin unchronologisch. Aber ich muss schnell nach Israel und Palästina hüpfen, auch wenn die Jordanienreise noch nicht einmal zur Hälfte gebloggd ist. Es bietet sich einfach an.

Heute habe ich mir einen Salat zusammengemischt und Manakish gebacken. Manakish ist ein Fladenbrot aus Hefeteig. Äußerst beliebt in der arabischen Küche. Aufgrund meiner Ungeschicklichkeit betreffend Teig zu formen, habe ich mich bei der Zubereitung für die einfache »auf-das-Backblech-legen«-Variante entschieden.
Auch wenn das Brot nicht denen gleicht, die ich immer auf die Schnelle an einem Straßenstand gekauft und ihm Gehen oder auf einem Mäuerchen gegessen habe, fand ich mich augenblicklich in der Altstadt von Jerusalem und auf den Straßen von Ramallah und Bethlehem wieder, als ich das Za’atar gerochen habe.



Za’atar ist eine Pflanze, bei uns besser bekannt unter der Bezeichnung »Ysop«. Die getrockneten Blätter werden fein zerrieben und mit Sumach, geröstetem Sesam und Salz zusammengemischt. Die Gewürzmischung, die vor dem Backen als Paste mit viel Olivenöl auf den Teig gestrichen wird, behält den Namen.
Kauft man im arabischen Viertel von Jerusalem, in Ostjerusalem oder in den palästinensischen Gebieten einen Sesamkringel oder ähnliches, bekommt man immer ein Tütchen aus Zeitungspapier mit einer Portion Za’atar, in die man das Gebäck tunkt.

Bild entommen von der Webside "food.lizsteinberg"



Unter welchem Irrsinn Palästinenser und Israelis zu leben haben, wird anhand dieses Krauts deutlich. Die Pflanze findet sich nicht nur auf den Felsen um Jerusalem, sondern auch auf der langen Liste der heiklen Themen, die das angespannte Verhältnis zwischen den beiden Völkern vergiften.
Za’atar wurde auf die rote Liste gesetzt. Ob es gefährdet ist oder nicht, kann ich nicht sagen. Hierzu fehlt mir der botanische Einblick. Sicher fehlt es auch vielen Palästinensern an botanischen Wissen, die die Entscheidung als Willkür und Angriff auf ihre Gewohnheiten ansehen. Für die palästinensische Küche ist das Kraut unverzichtbar und das Aroma ist für Palästinenser der Geruch von Heimat. Dennoch kann ich den Unfrieden verstehen, der mit dem Verbot einhergeht. Wie in vielen anderen Fällen entschied die israelische Regierung, ohne das Gespräch mit den Palästinensern zu suchen.
Aber das olivgrüne Pulver wird auch von Israelis zum Würzen von herzhaften Backwaren, Hummus, Salaten und Fleisch verwendet. Es findet sich im arabischen Suq und auf jüdischen Märkten, in arabischen und israelischen Supermärkten.

Gewürzhandel im arabischen Suq von Jerusalem
Wenn Israelis und Palästinenser tief das Aroma des getrockneten Za’atars einatmen, riechen sie die ausgedörrte Erde der Hügellandschaft, die sie umgibt, und den Schweiß, den sie vergießen, wenn sie ihr das Lebensnotwendige abringen. Sie schmecken das süße Aroma von geröstetem Sesam, dass daran erinnert, wie lebenswert Leben sein kann.

Vielleicht sollten Regierungsvertreter und Vermittler klein anfangen. Nicht über Menschen- und Bürgerrechte, Siedlungen und Eigentumsrechte, zwei oder einem oder keinem Staat reden, sondern über ein kleines wucherndes Kraut. Darüber, wie es geschützt werden kann, damit für jeden genug bleibt, und darüber, wie es am Schmackhaftesten zu verwenden ist.
Es heißt so schön: „Liebe geht durch den Magen.“ Warum nicht auch Frieden?




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